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Stadtplanung mithilfe von Drohnen in Emsdetten

 3D- und Infrarot-Modell von Stroetmanns Fabrik in Emsdetten
3D- und Infrarot-Modell von Stroetmanns Fabrik in Emsdetten
Bild: wirfliegendrohne.de

Dass Drohnen mehr können, als eine neue Perspektive für Foto- und Videoaufnahmen zu bieten, ist nichts Neues. Welches große Potenzial für die Stadtplanung in der Technologie steckt, hat kürzlich die Stadt Emsdetten für sich entdeckt.

Christoph Rohling, Mitarbeiter des Technischen Gebäudemanagements bei der Stadt Emsdetten, hat uns erzählt, warum die Kooperation mit wirfliegendrohne.de nur den ersten Schritt für die langfristige Zusammenarbeit mit regionalen Startups darstellt.

Auch in öffentlichen Verwaltungsorganen hält die Digitalisierung Einzug. In den nächsten Jahren sieht Rohling einen „gewaltigen Umbruch“ kommen: „Es gibt viele Projekte, die sinnvoll zu digitalisieren sind. […] Wie beim Wechsel von Papierplänen zu 2D CAD-Zeichnungen steht nun die dritte oder sogar vierte Dimension vor der Tür.“

Ganz aktuell beschäftigte sich Rohling mit dem Sanierungsplan des soziokulturellen Zentrums „Stroetmanns Fabrik“. Im Jahr 2019 fand hier auch die Hub-Kontakt münsterLAND Konferenz des Digital Hub statt. Das Veranstaltungszentrum für Konzerte, Tagungen, Events und Feiern soll innerhalb der nächsten Jahre großflächig saniert werden. „Zu Beginn der Planung lagen nur alte Zeichnungen vor, bei denen nicht immer klar war, ob diese auch tatsächlich in der Form umgesetzt worden sind“, so Rohling. Mit neuen Aufnahmen von "Wir fliegen Drohne" konnte nun der Bestand 1:1 am PC nachmodelliert werden.

Die Stadt hat nicht unbedingt gesucht und mit dem Startups doch die richtigen Partner für das Sanierungsprojekt gefunden: „Wir fliegen Drohne hat sich bei uns spontan vorgestellt. […] Zufälligerweise bestand bei uns gerade der Bedarf einer gemeinsamen Zusammenarbeit“, sagt Rohling. Nach ersten Gesprächen stand schnell fest, welche Mehrwerte das Startup der Stadt bieten kann.

Durch ein digitales Modell besteht nun die Möglichkeit, die Räumlichkeiten virtuell in Augenschein zu nehmen, was eine ganz neue Art der Projektzusammenarbeit ermöglicht.

"Wir fliegen Drohne" nutzt Drohnen als Werkzeuge, um hochpräzise Daten von Grundstücken und Gebäuden zu generieren und diese schnell, effizient und preiswert zu liefern. Der Einsatz der Drohnen ist dabei in unterschiedlichen Bereichen, wie z.B. der Schadendokumentation oder präventiven Gebäudeinspektion möglich. Die Kooperation mit externen Sachverständigen ermöglicht außerdem die direkte Auswertung der ermittelten Daten.

Oftmals wissen potentielle Kund:innen noch gar nichts von den vielen Anwendungsgebieten einer solchen Vermessungstechnik. Es gibt teilweise Vorbehalte und Verunsicherung, „was einem denn so etwas bringt“, meint Rohling. Das Startup erläuterte die Vorteile und gab Denkanstöße, über neue digitale Wege in der Planung nachzudenken.

Um für die Sanierungsplanung eine Grundlage zu schaffen und sie „anfassbarer“ zu machen, hat "Wir fliegen Drohne" mit einem Drohnenflug über das Gelände der Fabrik einen 3D-Laserscan erstellt, sowie Innenaufnahmen mit einem speziellen Innenraumscanner gemacht – ein „virtueller Zwilling“ entstand.

Die aufgenommenen Daten werden noch vor Ort verarbeitet und ein virtueller Rundgang samt Übersicht 3-Modell erstellt. Sobald die Daten in der Cloud freigeschaltet werden, kann man sich frei in dem Modell bewegen und sich durch hochauflösende 360-Grad Fotos Gebäudedetails genauer anschauen. Da die Drohne auf mit einer Infrarot-Kamera ausgerüstet werden kann, besteht die Möglichkeit, auch über eventuelle Wärmschutzprobleme des Gebäudes mehr zu erfahren. Neben den visuellen Daten vermisst ein Laser die genauen Koordinaten der Raumoberflächen.

Aus diesen Daten wird eine sogenannte Punktwolke errechnet. Diese beinhaltet jeden vermessenen Punkt und dient als Grundlage, um ein CAD-Modell zu zeichnen. Hierbei werden alle Bauteile wie Böden, Wände, Türen, Fenster, etc. anhand der Daten exakt nachgezeichnet und im Idealfall mit zusätzlichen Daten vernetzt. Ziel ist es, einen virtuellen Zwilling zu erzeugen, der exakte Daten über alle verwendeten Baumaterialien und technischen Details liefern kann. Dies hilft bei der späteren Instandsetzung des Gebäudes. Während einer laufenden Umbauplanung können verschiedene Varianten deutlich schneller als zuvor durchgespielt werden und bessere Entscheidungen getroffen werden.

Startup-Kooperationen können eine flexible Lösung darstellen, in deren Verlauf man eine eigene Zukunftsstrategie entwickeln kann, ohne an starre Geschäftsmodelle gebunden zu sein.

Ein weiterer Vorteil zu Pandemiezeiten laut Rohling: „Treffen mit Planern oder Politikern für das Projekt um ‚Stroetmanns Fabrik‘ mussten oft vor Ort stattfinden und gestalteten sich dementsprechend schwierig. Durch ein digitales Modell besteht nun die Möglichkeit, die Räumlichkeiten virtuell in Augenschein zu nehmen, was eine ganz neue Art der Projektzusammenarbeit ermöglicht.“

Für Rohling verlief die Zusammenarbeit sehr positiv und die gewonnenen Messdaten konnten gut weiterverarbeitet werden. Seine Erkenntnis: „Startup-Kooperationen können eine flexible Lösung darstellen, in deren Verlauf man eine eigene Zukunftsstrategie entwickeln kann, ohne an starre Geschäftsmodelle gebunden zu sein.“

Für die Stadt war die Zusammenarbeit auch ein Test, was ein junges Unternehmen bieten kann. „Die Flexibilität eines Startups kann dazu führen, dass man selbst etwas flexibler agieren muss. Dieser Freiraum sollte in der eigenen Arbeitsstruktur vorhanden sein, oder erst noch geschaffen werden.“ Einzige Kehrseite laut Rohling: „Dass man die Grenzen des Startups hinsichtlich deren Erfahrung erreicht. Auch dies ist ein wichtiger Erkenntnisgewinn.“

Letztlich entstand über das aktuelle Projekt hinaus ein konstruktiver Gedankenaustausch, der inzwischen auch weitere Startups umfasst. Dabei ist die regionale Nähe zu Kooperationspartnern der Stadt wichtig, da so vor Ort neue Arbeitsplätze geschaffen und gefördert werden können. Das Startup wirfliegendrohne.de GmbH in diesem Fall kommt aus Dortmund und ist verankert im Netzwerk des Ruhr:HUBs.

Auch langfristig sieht Rohling Potenzial für Kooperationen mit Startups - gerade in den innovativen Bereichen wie Planungen anhand eines 3D-BIM-Modells - in der digitalen Stadtplanung und der Umsetzung einer Smart-City-Strategie. „Mit Glück könnten daraus Pilotprojekte entstehen, von denen beide Seiten profitieren.“ Sein Ratschlag für andere Organisationen oder Unternehmen im Münsterland, die die Zusammenarbeit mit Startups und jungen Unternehmen in Erwägung ziehen? – „Pilotprojekte starten, Netzwerke aufbauen, Gespräche suchen, sich auf Augenhöhe treffen."

Story verfasst von
Oliver Henschen

Oliver Henschen

Projekt Manager
HubSatelliten Mitglieder
Mittelstand

25.01.2022