Carrier Claims Management bezeichnet die Bearbeitung und Abwicklung von Schadens- oder Reklamationsansprüchen, die nicht wie geplant zugestellt wurden. Wenn beispielsweise ein beschädigtes Paket zurückgeschickt wird, müssen verschiedene Faktoren geklärt werden: Wer trägt die Verantwortung? Wie wurde das Paket zugestellt? Gibt es Dokumentationen oder Bilder zum Schaden? Bei FIEGE, einem der führenden Logistikdienstleister in Europa, sorgt ein KI-Agent dafür, dass Reklamationen und Schadensfälle effizienter bearbeitet werden. Bisher war dieser Prozess stark manuell geprägt und erforderte eine aufwendige Recherche in unterschiedlichen Systemen. Der neue KI-Agent verändert das.
Der KI-Agent ist mit verschiedenen Systemen verbunden, kann eigenständig Informationen abrufen und auf Basis künstlicher Intelligenz bestimmte Entscheidungen treffen. Nur der letzte Schritt, zum Beispiel das Rausschicken einer Forderung an einen Spediteur, ist noch nicht vollständig automatisiert.
Alex Speil, Global Head of Data Analytics & AI, FIEGE
Durch die Automatisierung werden Fehler reduziert und Prozesse transparenter. Dies verbessert die Nachvollziehbarkeit von Reklamationen und stärkt das Vertrauen zwischen FIEGE, Spediteuren und Kunden. Gleichzeitig verkürzen sich die Bearbeitungszeiten erheblich – standardisierte Abläufe werden bis zu 80 Prozent schneller abgewickelt. Während der KI-Agent Routinefälle übernimmt, können sich Mitarbeitende auf komplexere und strategische Aufgaben konzentrieren, was nicht nur die Servicequalität verbessert, sondern auch die Arbeitszufriedenheit erhöht. Zudem bietet die Technologie großes Potenzial für zukünftige Innovationen. Sie kann auf weitere Bereiche wie Kundenkommunikation oder Retourenmanagement ausgeweitet werden, wodurch das Familienunternehmen FIEGE seine Digitalisierungsstrategie weiter vorantreiben kann. Ein entscheidender Vorteil des KI-Agenten gegenüber bestehenden Automatisierungslösungen liegt in seiner Anpassungsfähigkeit. So kann der KI-Agent unstrukturierte Informationen interpretieren, fehlende Daten kontextuell ergänzen und selbstständig Entscheidungen treffen. Ein klassisches regelbasiertes System würde beispielsweise scheitern, wenn eine Schadensmeldung als unstrukturierter Freitext in einer E-Mail eingeht, anstatt in einem vordefinierten Formular. Dadurch reduziert sich auch der Pflegeaufwand für starre Regelwerke erheblich. Hinzu kommen die kontinuierliche Lernfähigkeit und Optimierung. Während regelbasierte Systeme manuell aktualisiert werden müssen, kann der KI-Agent mit Machine-Learning-Verfahren Muster in den Daten erkennen und seine Entscheidungen sukzessive verbessern.
Erforderliche Kompetenzen für die Implementierung
Die Einführung eines KI-Agenten erfordert ein Zusammenspiel aus technischer Expertise und Fachwissen aus der Logistik. Als besonders entscheidend erweisen sich im Fall von FIEGE Software-Entwicklerinnen und -Entwickler, die über Erfahrung in der Integration von KI-Technologien verfügen. Mit ihrem Know-how sorgen sie dafür, dass der Agent mit bestehenden Systemen kommunizieren kann, Daten aus verschiedenen Quellen abruft und automatisiert verarbeitet.
Die eigentliche Herausforderung liegt im technischen Set-up – von der Integration verschiedener Frameworks bis hin zur Anbindung und Verwaltung von Schnittstellen. Auch wenn es bereits automatisierte Lösungen für Monitoring und andere Prozesse gibt, bleibt die größte Aufgabe, all diese Komponenten nahtlos zusammenzuführen.
Alex Speil, Global Head of Data Analytics & AI, FIEGE
Gleichzeitig braucht es Domänen-Expertinnen und -Experten, die das Prozesswissen mitbringen und sicherstellen, dass die KI sinnvolle Entscheidungen trifft. Diese können auch das Prompt Engineering übernehmen. Zusätzlich ist eine klare strategische Ausrichtung wichtig. KI-gestützte Automatisierung verändert Arbeitsprozesse grundlegend. Nur wenn die Technologie richtig eingebettet ist und die Mitarbeitenden sie akzeptieren, kann der KI-Agent langfristig zur Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung beitragen.
Große Potentiale zur Zusammenarbeit in der Logistikkette
Der Einsatz von KI-Agenten steckt noch in den Anfängen, bietet aber großes Potenzial für die Zukunft. Ein besonders vielversprechender Bereich ist die interorganisationale Zusammenarbeit, also die Automatisierung der Kommunikation zwischen verschiedenen Akteuren in der Lieferkette. Logistik ist ein stark vernetztes Geschäft, in dem zahlreiche Partner – von Herstellern über Spediteure bis hin zu Händlern – miteinander interagieren. Diese Vielzahl an Schnittstellen führt oft zu Verzögerungen, manuellen Abstimmungen und Medienbrüchen. KI-Agenten können hier unterstützen, indem sie Daten aus verschiedenen Systemen zusammenführen und automatisch mit den richtigen Informationen an der richtigen Stelle agieren. So können sie beispielsweise auf Anfragen zu fehlenden Sendungsnummern oder dem Lieferstatus eigenständig reagieren. Wenn verschiedene Systeme automatisiert miteinander sprechen können, ohne dass Menschen ständig eingreifen müssen. kann das dazu führen, dass viele fragmentierte und zeitaufwendige Prozesse in Zukunft deutlich effizienter ablaufen.
Dahinter steckt die langfristige Vision einer Logistik, in der Informationen in Echtzeit fließen und Systeme intelligent zusammenarbeiten, um Verzögerungen oder Unklarheiten zu vermeiden. Besonders für kleinere Unternehmen bietet das Potenzial, sich durch intelligente Vernetzung einen Wettbewerbsvorteil zu sichern und effizienter mit großen Anbietern zu konkurrieren.